KONSENS und Stillstand? Das gibt es nicht
Vier Menschen, vier Biografien, vier unterschiedliche Aufgaben im Rahmen von KONSENS. Und doch eint sie – auch in Ausnahmezeiten wie dieser – mindestens eines: Sie wollen, dass es weitergeht. Weiter lernen, weiter mitgestalten. Und die digitale Steuerverwaltung voranbringen.
Meike Goldstein, Verfahrensmanagerin ELFE
Meike Goldstein hatte bisher immer ein nächstes großes Ziel. Ein klares Bild vor Augen, welcher Schritt auf der Karriereleiter folgen musste, was sie in einem Jahr, in drei, in fünf Jahren erreicht haben wollte. Im Moment, sagt die 44-Jährige, sei das anders: »Zum ersten Mal in meiner Laufbahn habe ich das Gefühl: Ich bin angekommen.« Seit 1. Januar 2020 ist Goldstein Verfahrensmanagerin von ELFE, das steht für »Einheitliche länderübergreifende Festsetzung«. Ihre noch recht neue Rolle in einfachen Worten zu beschreiben, fällt der Finanzbeamtin mit Programmierausbildung schwer. Denn gerade die Vielfalt ihrer Aufgaben sei es, die ihren Job auszeichne: »Mal muss ich ein Gesetzesvorhaben bewerten, mal technische Lösungen prüfen, mal zwischen Menschen vermitteln – jeder Tag bringt neue Herausforderungen, nie wird es langweilig.« Für das Verfahren ELFE, in dem sie seit über 13 Jahren am Standort München tätig ist, hat sie jedoch eine knackige Definition parat: »300 Menschen in 12 Ländern mit dem gemeinsamen Ziel, eine einheitliche, betriebssichere und zukunftsfähige Steuerfestsetzung zur Verfügung zu stellen.«
Kein Land bleibt auf der Strecke
Die Steuerfestsetzung steht zwischen Steuererklärung und -bescheid. »Einfach gesagt liefert die Festsetzung die Antwort auf die Frage: Was sind die Besteuerungsgrundlagen, wie hoch ist deshalb die festgesetzte Steuer?«, erklärt Goldstein. Hier kommt das Verfahren ELFE ins Spiel: ELFE verarbeitet die Daten, die elektronisch über ELSTER eingehen, und erstellt daraus Steuerbescheide. Und so war ELFE auch direkt von den Gesetzesänderungen im Zuge der Corona-Pandemie betroffen: »Manche politischen Entscheidungen mussten sehr kurzfristig in die Praxis umgesetzt werden, wie etwa die Senkung der Umsatzsteuersätze«, so die Verfahrensmanagerin. Dass die letzten Monate so gut gemeistert wurden, wertet sie als großen Erfolg: »Wir haben bewiesen, dass wir durch KONSENS flexibel und handlungsfähig sind. Und zwar bundesweit – kein Land bleibt auf der Strecke.« Eine Sache bedauert Meike Goldstein in Zeiten von Homeoffice und Telefonkonferenzen dennoch sehr: »Mir wäre wichtig gewesen, jede einzelne meiner 300 ›ELFEn‹ persönlich kennenzulernen. Aber das hole ich nach.«
Gemeinsam geht mehr: Hier mehr über die länderübergreifende Zusammenarbeit erfahren
Dazulernen - jeden Tag
Das Zwischenmenschliche ist auch das, was Markus Wallisch in den vergangenen Monaten vermisst hat. Der 50-Jährige leitet seit 2018 das KONSENS-Verfahren »Grundinformationsdienst Steuer«, kurz GINSTER. Er sagt: »Vor Corona habe ich in einer Sitzung meist schon am Gesichtsausdruck der Anwesenden abgelesen, ob ich meine Punkte vermitteln kann oder ob jemand vielleicht anderer Meinung ist. Darauf konnte ich dann reagieren.« Heute sei das anders. »Die nonverbale Kommunikation geht über Online-Tools und Telefon größtenteils verloren.«
Trotzdem blickt der Wiesbadener stolz auf die Zeit seit März zurück: »Wir haben ein hochmotiviertes Team und alle haben an einem Strang gezogen, um vorwärts zu kommen.« Wallisch meint damit die ungefähr 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen der Aufgabe widmen, die Stammdaten der Steuerpflichtigen zu verwalten. »Stammdaten, das sind Name, Anschrift, Bankverbindung, Vertreter und weitere Daten zur Steuerpflicht. Ohne diese Daten können Briefe nicht ankommen und Zahlungen ihr Ziel nicht erreichen«, so Wallisch. Sorgfältig gepflegte Stammdaten seien somit die Basis für eine effiziente und gerechte Besteuerung – und ihre einheitliche Verarbeitung ein zentraler Baustein von KONSENS.
Der Datenaustausch mit dem Bund zur Zuordnung von Identifikationsnummern zu einem Steuerpflichtigen rundet das Verfahren ab und sorgt dafür, dass die Daten auch dort landen, wo sie hingehören. Hierzu zählt unter anderem die steuerliche Identifikationsnummer für die Zuordnung von Kontrollmaterial wie die Rentenbezugsmitteilung. Markus Wallisch persönlich reizt an seiner Tätigkeit für GINSTER vor allem, dass sie fachliche und technische Aufgaben vereint. Und dass er nie das Gefühl hat, in Routine und Alltagstrott zu verfallen: »Ich bin jetzt seit 1996 im Rechenzentrum. Seitdem habe ich jeden Tag etwas Neues dazugelernt.«
Markus Wallisch, Verfahrensmanager GINSTER
Marco Ehrler, Leiter der ZOE Betriebsmanagement
Zuhören, vermitteln, verbessern
Verfahren wie ELFE oder GINSTER sind die Entwicklungsstätten der KONSENS-Software – der wichtigste Teil ihrer Arbeit ist getan, wenn die neuen digitalen Möglichkeiten in den Ländern angekommen sind. Doch was, wenn die Rechenzentrumsbetriebe der Länder und des Bundes auf Probleme mit den KONSENS-Produkten stoßen? Dann können sie sich zum Beispiel an Marco Ehrler wenden. Der 43-Jährige leitet in Baden-Württemberg die »Zentrale Organisationseinheit Betriebsmanagement«, kurz ZOE BM. »Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die KONSENS-Software möglichst reibungslos, stabil und automatisiert in den Ländern zum Einsatz kommt«, erklärt Ehrler. Was das genau bedeutet? »Zum Beispiel, dass die Länder auf uns zukommen können, wenn sie etwas stört, und wir sorgen dafür, dass ihre Forderungen und Anregungen gehört und an die Verfahren herangetragen werden.« Entwicklungsarbeit leistet die ZOE BM dabei nicht: »Wir sind vor allem dafür da, zu vermitteln, Lösungen zu konzipieren und den Informationsaustausch sicherzustellen.« Für seinen Job brauche man deshalb vor allem Kommunikationsstärke, sagt der dreifache Familienvater: »Man muss zuhören können und verinnerlichen, was jemand will oder braucht – nur so können wir ordentliche Ergebnisse erreichen.« Übergeordnetes Ziel sei es schließlich, ein gemeinsames Verständnis herzustellen. Und: Die KONSENS-Software und ihre Anwendung effizienter, sicherer und besser zu machen. »Wir schauen immer, wie es weitergehen kann, an welchen Stellen wir optimieren können«, so Ehrler. »KONSENS und Stillstand? Das gibt’s nicht.«
Das große Ganze im Blick
Wie Marco Ehrler ist auch Dr. Clemens von Loewenich Vater von drei Kindern. Seinem Nachwuchs zu erklären, was er bei der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung am Standort Wiesbaden beruflich macht, findet der promovierte Physiker gar nicht so einfach. »Meine kleine Tochter hat das mal so zusammengefasst: ›Papa sitzt den ganzen Tag am Computer, telefoniert und trinkt Kaffee.‹« Von Loewenich selbst definiert seinen Beruf etwas anders: »Meine Aufgabe ist es, einen möglichst stabilen Betrieb der KONSENS-Verfahren sicherzustellen. Und wenn es zu Ausfällen kommt, zu gewährleisten, dass schnell eine Lösung gefunden werden kann und diese an diejenigen geliefert wird, die sie brauchen.« Der 42-Jährige ist in der Leitung der ZOE REM tätig. Die Abkürzung steht für »Zentrale Organisationseinheit Release- und Einsatzmanagement«, ein Team von etwa 80 internen und 20 externen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in fünf Ländern ein gemeinsames Ziel verfolgen: »Die Rahmenbedingungen für einen möglichst stabilen und leistungsstarken Betrieb der KONSENS-Software zu schaffen.«
In Abgrenzung zur ZOE BM endet der Arbeitsbereich der ZOE REM dann, wenn die Software in den Betrieben der Länder läuft. »Wir kümmern uns im Vorfeld darum, dass die KONSENS-Software verschiedene Qualitätssicherungsstufen durchläuft, zum Beispiel in unserem zentralen Testcenter«, erläutert von Loewenich. Treten Störungen auf, informiert die ZOE REM die Länder über bekannte Softwarefehler und Lösungsoptionen. »Außerdem schauen wir uns die Softwareprodukte dahingehend an, was man aus betrieblicher Sicht besser machen könnte. Gibt es zum Beispiel ein einheitliches ›Look & Feel‹ für die Administratorinnen und Administratoren in den Rechenzentren, was sind die Fallstricke bei der Installation und so weiter.« Ihre Vorschläge trägt die ZOE REM dann an die KONSENS-Verfahren heran, berät und unterstützt sie bei der Optimierung. Für von Loewenich ist sein Job gerade wegen seiner Komplexität und Unvorhersehbarkeit reizvoll. »Im Prinzip ändert sich die Situation ständig, darauf muss man sich einstellen – und darf trotzdem nie das große Ziel aus dem Blick verlieren. Was am Ende zählt, ist doch: die Entscheidungen so zu treffen, dass KONSENS als Ganzes weiterkommt.«