Transparenz schafft Vertrauen
KONSENS ist das größte Digitalisierungsvorhaben der Verwaltung in Deutschland und eine beachtliche Erfolgsgeschichte. Damit sie wirkt und fortgeschrieben wird, setzt die neue Gesamtleitung auf Miteinander – und auf transparente Kommunikation.
Jürgen Thiel
»Die Einführung der digitalen Lohnsteuerkarte und der digitalen Übermittlung von Kranken- und Pflegeversicherungsdaten hat vielen Menschen viel Arbeit abgenommen. Wir haben die Corona-Wirtschaftshilfen umgesetzt, die Forschungszulage und die Energiepauschale. Auch das Erbringen von Nachweisen läuft immer öfter automatisiert über die Steuerverwaltung. Darauf können wir stolz sein.«
Besonderen Spaß macht die Arbeit, wenn es Erfolge zu verkünden gibt. »Zum Beispiel den erfolgreichen Einsatz von Software«, sagt Jürgen Thiel. Er ist seit 2024 Gesamtleiter von KONSENS und hat das Vorhaben zuvor aus anderen Perspektiven begleitet: Rund 35 Jahre Erfahrung sammelte Thiel unter anderem als Verfahrensmanager für GINSTER und zuletzt als Entwicklungsleiter für das Land Hessen. Was hat ihn motiviert, eine neue Aufgabe an der Spitze des Vorhabens zu übernehmen? »Wir reden über die Digitalisierung der Verwaltung. Dabei an so einer maßgeblichen Stelle mitgestalten zu können, ist für mich ein wirklich spannender Job.« Technisch steht für die neue Gesamtleitung – neben Jürgen Thiel sind das Frauke Hesse und Gabriele Jakob als Stellvertreterinnen – in den nächsten Jahren etwa die Cloud- und Container Technologie im Fokus. »Wir entwickeln ein neues Betriebskonzept, um diese für uns und damit für die Steuerverwaltung in Deutschland nutzbar zu machen«, erklärt Thiel. Mit diesem Ziel will die Gesamtleitung die steuerlichen Betriebe der Länder entlasten und den Betrieb der KONSENS Software vereinfachen und vereinheitlichen.
»AM BESTEN FUNKTIONIERT ES MITEINANDER«
Neben erfolgreichen Softwarelösungen gehört die föderale Zusammenarbeit zu den Errungenschaften von KONSENS, auf die Thiel besonders stolz ist. Ein Beispiel: »Den Einer-für-alle-Ansatz praktizieren wir seit Jahren. Das setzt Vertrauen darauf voraus, dass die Software aus einem anderen Land in der eigenen Produktion funktioniert. Das haben wir in KONSENS wirklich gut umgesetzt.«
Vertrauen in die Zusammenarbeit lohnt sich – diese Botschaft soll auch in Zukunft ankommen. »Die Zusammenarbeit in den einzelnen Gremien war früher stark themenorientiert«, erinnert er sich. »In der Entwicklungsleitung wurde zum Beispiel nur auf die Softwareentwicklung geschaut – sich aber wenig darum gekümmert, wie diese in Betrieb genommen wird.« Die Produktionsleitungen hätten sich andersherum nicht um die Entwicklung gekümmert. Zusammen mit seinen Kolleginnen in der Gesamtleitung will Thiel jetzt verstärkt alle Perspektiven an einen Tisch bringen. »Ich glaube, dass wir viele gute Leute haben«, sagt Thiel. »Für uns als Gesamtleitung wäre es ein toller Erfolg, wenn die Menschen in KONSENS merken: Am besten funktioniert es miteinander.«
Dieses Miteinander will auch Gabriele Jakob vom Bayerischen Landesamt für Steuern, die seit Juli 2023 stellvertretende Gesamtleitung von KONSENS ist, stärken. »Ich finde es toll, wie viel Expertise wir über alle Länder hinweg zusammenbringen. KONSENS ist deswegen so erfolgreich, weil wir diesen Schatz – die Kenntnisse und Fertigkeiten in den Steuerverwaltungen, aber auch im technischen Bereich – nutzen, um etwas Eigenständiges, Gemeinsames zu schaffen.«
Zentral sei dabei immer, dass die Produkte im Finanzamt zeitnah einen wirklichen Mehrwert bringen. »Das ist das oberste Ziel. Unsere Aufgabe ist es, alle Handelnden so zusammenzubringen, dass dieser Mehrwert entsteht.« Derzeit im Mittelpunkt: das papierlose Büro und die Automatisierung der Prozesse. »Hier arbeiten wir zusammen mit der Organisationsseite als Auftraggeber an den nächsten Schritten.«
In einem Betrieb mit mehr als 1.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind Regeln, Strukturen und ein gemeinsames Ziel unerlässlich. »Es funktioniert nur, wenn alle wissen, was sie tun sollen und warum sie es tun sollen«, so die Juristin. Aber: »Bisher war es üblich, vieles bis ins Detail auszuprägen und dann erst in die Welt zu bringen.« Dadurch dauere manches sehr lange. Ihre Mission: Das Mindset in der Organisationverändern und auf die aktuellen Ziele ausrichten – und zum Beispiel auch Ausnahmen zu bestehenden Prozessen zu definieren. »Das ist viel Change-Arbeit, wie man heute sagt. Das sind wichtige Aufgaben der Führungsebene.«
Gabriele Jakob
»Beim Thema ›moderne Arbeitsplätze‹ zeigt sich die ganze Komplexität von KONSENS. Denn dafür müssen Abhängigkeiten in den Verfahren entflochten werden, es braucht neue Technologien und neue Softwarearchitekturen. Man darf nicht vergessen: Es gibt in Deutschland seit mehr als 60 Jahren eine Steuer-IT, teilweise sind Altverfahren schon so lange im Einsatz.«
Frauke Hesse
»Beschleunigung ist angesichts sich ständig ändernder Steuergesetze eine echte Herausforderung. Zwar sollen diese seit Jahren einfacher werden – sie werden aber immer komplizierter. Ein Gesetz wie das Wachstumschancengesetz, das wir umsetzen müssen, bindet viele Ressourcen und bremst uns dadurch bei der Vereinheitlichung und Beschleunigung aus.«
SATELLITEN IN DER UMLAUFBAHN
Zu dieser zählt auch Frauke Hesse, die als Vertreterin Nordrhein-Westfalens bereits seit 2021 Mitglied der Gesamtleitung ist. Lösungen über Ländergrenzen hinweg suchen, damit sich der effizienteste Weg durchsetzt – das will Hesse auch in Zukunft vorantreiben. »Ich möchte möglichst viel Software in die Betriebe der Länder bringen und damit die Anwenderinnen und Anwender vor Ort unterstützen. Am Ende muss auch ein Ergebnis stehen.« Das solle künftig stellenweise noch schneller gelingen, trotz Herausforderungen: »Eine Software besteht immer aus vielen Paketen, die aufeinander abgestimmt funktionieren müssen. Auch die 16 Länderbetriebe sind verschieden.« Daher werden neue Produkte bei KONSENS zentral getestet und in einem Land pilotiert, bevor die anderen 15 folgen. Ein langer Prozess, bei dem der Roll-out zuweilen mehr Zeit benötigt als die eigentliche Entwicklung. »Hier besteht Handlungsbedarf«, macht Hesse deutlich.
Denn schließlich geht es hier um etwas Fundamentales: Steuern als Grundlage des gesellschaftlichen Miteinanders. »Wir stellen täglich die Einnahmen des Staates sicher, effizient und über alle Länder hinweg – obwohl Steuergesetze komplex sind und sich ständig ändern.«
Wie die Gesamtleitung dazu beitragen kann, dass das auch in Zukunft gelingt? Sie setzt dafür auch auf den ausgeprägten Gestaltungswillen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. »Die Motivation innerhalb von KONSENS ist sehr hoch, alle verfolgen ein Ziel. Das merkt man zum Beispiel bei den Verfahrensmanager-Workshops, wo alle gemeinsam nach schnellen und effizienten Lösungen suchen«, sagt Frauke Hesse. Das Zusammenspiel über alle Ebenen verdeutlicht sie so: »Wenn man KONSENS als Weltkugel sieht, sind wir in der Gesamtleitung drei Satelliten, die darum kreisen. Von dort aus schauen wir, dass die Räder ineinandergreifen, steuern und navigieren und ermöglichen damit auch neue Wege.«
Dass bei den Satelliten der Gesamtleitung keine Langeweile aufkommt, dafür sorgen absehbare Herausforderungen: »Der demografische Wandel bringt einen Generationswechsel in den Finanzämtern mit sich«, sagt Gesamtleiter Jürgen Thiel. Dafür müsse die IT Antworten entwickeln. Durch moderne Arbeitsplätze könne sie dazu beitragen, dass mehr Arbeitsprozesse digital ablaufen und weiter ausreichend Fachkräfte den Weg in die Finanzverwaltungen finden.
GUTES BESSER MACHEN
An aktuelle Erfordernisse wird die IT-Gesamtstrategie von KONSENS laufend angepasst. Auch der öffentlichen Kritik am Vorhaben will man aktiv begegnen, zum Beispiel mit verbesserten Prozessen. Hier decken sich die Vorstellungen der Gesamtleitung mit den aktuellen Überlegungen der Politik: Auch die Konferenz der Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder und des Bundes (FMK) hat 2023 eine Arbeitsgruppe auf Staatssekretärsebene eingerichtet, die sogenannte »Staatssekretärs-AG«, die Ende 2023 Handlungsempfehlungen und Lösungsansätze aufgezeigt hat. Im Februar 2024 übernahm die strategische Stabsstelle, angegliedert an die Steuerungsgruppe IT, den weiteren Prozess. »Die Handlungsempfehlungen stehen unter dem Motto ›Gutes besser machen‹«, betont Theoderich Prager, der als Verbindungsmann die Steuerungsgruppe IT vertritt. Prager ist Automationsreferent für die Finanzverwaltung im Niedersächsischen Finanzministerium und seit rund 15 Jahren in verschiedene KONSENS- Entscheidungsgremien eingebunden. Vieles laufe gut im Vorhaben. Dank der Automationslösungen sei die Arbeit bei abnehmender Personaldecke, komplexem Steuerrecht und steigenden Fallzahlen weiterhin zu bewältigen. »Aber nichts ist so gut, dass man es nicht noch besser machen könnte.«
Angesiedelt in der Steuerungsgruppe IT besteht die Stabsstelle aus Vertretungen der fünf auftragnehmenden Länder, die die Softwareentwicklung bei KONSENS verantworten: Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus wirken der Bund und als Vertretung für die übernehmenden Länder das Land Berlin mit. »Die Stabsstelle ist in der Lage, konzentriert Themen anzugehen«, sagt Prager. »Die Kapazitäten werden nicht vom Tagesgeschäft aufgefressen, neben dem man es nicht schaffen würde, innovative Ansätze intensiv zu verfolgen.«
Theoderich Prager
»In den Finanzämtern sind inzwischen nahezu überall Automationslösungen in Betrieb. Sie mögen noch nicht überall perfekt sein – aber es gibt sie. Dasselbe gilt auch für Bürgerinnen und Bürger mit ELSTER. Es gibt keine andere Verwaltung, die ansatzweise etwas Ähnliches anbietet.«
Christine Hofer
»Die Stabsstelle steht für den unvoreingenommenen Blick auf KONSENS, auf Prozesse und Strukturen. Für neue Denkansätze. Und für interdisziplinäre Teamarbeit – die funktioniert hier richtig gut und davon profitieren alle ungemein.«
FRISCHER BLICK AUF DIE PROZESSE
Im Zentrum der Arbeit stehen die Aufgabenfelder »Kommunikation, Struktur- und Prozessoptimierung«, »Portfolio-/Multiprojektmanagement und Controlling« sowie »Kernverfahren, E-Akte und neue Technologien«. Insgesamt 13 Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Bereichen und Hierarchieebenen der Steuerverwaltung betrachten die Prozesse. Einige von ihnen bringen viel KONSENS-Erfahrung mit, andere waren bislang in anderen Bereichen eingesetzt. Für Christine Hofer ist der „unvoreingenommene Blick“ der entscheidende Mehrwert. Sie ist Referentin für IT im baden-württembergischen Finanzministerium und koordiniert die Arbeiten in der Stabsstelle.
Ihr Zeitplan ist straff – die Stabsstelle ist auf Zeit angelegt, eine erste Evaluation für Herbst 2024 geplant. In drei Teams arbeitet man auf Meilensteine hin: In Zukunft sollen sich die Staatssekretärinnen und -sekretäre etwa nicht mehr durch Hunderte von Seiten kleinteiliger Informationen durcharbeiten müssen, um auf dem Laufenden zu bleiben. »Im besten Fall können sie wesentliche Informationen auf einen Blick erfassen und diese auch pressewirksam nutzen, um die Öffentlichkeit über die Erfolge von KONSENS zu informieren«, beschreibt Hofer die Vision. »Wenn es uns gelingt, kritischen Stimmen etwas entgegenzusetzen und in unserer Außendarstellung transparenter zu werden, wird das Vertrauen in KONSENS weiter wachsen.« Konkret soll ein verändertes Berichtswesen die Leistungen stärker in den Vordergrund rücken.
»Bei wichtigen Aufgaben müssen wir noch termintreuer werden«, sagt Prager. »Unsere Qualität darf noch schneller auf den Markt kommen. Das sind messbare Parameter – auch für unsere Kolleginnen und Kollegen in den Finanzämtern.« Ebenfalls eine Priorität für Hofer, die selbst lange im Finanzamt tätig war. Auch sie freut sich, wenn es den erfolgreichen Einsatz von Software zu verkünden gibt – als Ergebnis ihrer Arbeit wünscht sie sich, »dass moderne, zeitgemäße IT-Produkte im Einsatz und die Anwenderinnen und Anwender rundum zufrieden sind«.