Bestens Vernetzt

Vernetzung und funktionierende Schnittstellen sind bei KONSENS, einem der größten Digitalisierungsvorhaben Deutschlands, zentral: Sie ermöglichen den automatisierten Austausch von Daten und gestalten Geschäftsprozesse in der Finanzverwaltung effizienter.

Die Digitalisierung der Finanzverwaltung zählt zu den größten und komplexesten Aufgaben des öffentlichen Sektors. Sie ist ein föderales Vorhaben, das nur im Schulterschluss mit allen Beteiligten gelingen kann. Die Grundlage dafür ist Vernetzung. Vernetzung bedeutet dabei mehr als die Verknüpfung technischer Systeme. Sie bedeutet, Menschen miteinander zu verbinden: Mehr als 1.600 Kolleginnen und Kollegen arbeiten bei KONSENS täglich daran, die Steuerverwaltung zu digitalisieren. Über 580 Schnittstellen sorgen für ein funktionieren des Zusammenspiel von IT, Fachlichkeit und Organisation. »Wir sind als großes und erfolgreiches Digitalisierungsvorgaben nicht nur intern in der Steuerverwaltung sehr gut vernetzt, sondern arbeiten auch mit vielen weiteren Partnerinnen und Partnern aus den Verwaltungen eng zusammen«, sagt Claudia Kunow-Schröder, Vertreterin des Landes Nordrhein-Westfalen in der KONSENS-Steuerungsgruppe-IT.

Basis für den Erfolg ist auch die enge Zusammenarbeit zwischen den 19 Verfahren, den Zentralen Organisationseinheiten sowie der Gesamtleitung. »Es gibt innerhalb von KONSENS wenige Aufgaben, die nur ein einzelnes Verfahren erledigt. Immer sind Interaktion und Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen notwendig«, erklärt Michael Thomas, KONSENS-Entwicklungsleiter in Niedersachsen. »Zusammen bringen wir das Digitalisierungsvorhaben weiter voran.« Dabei gelte es, eine Balance zwischen den Rahmenbedingungen im jeweiligen Land und den Herausforderungen von KONSENS zu finden: »Wir müssen die notwendige Automatisierung der Geschäftsprozesse und die Nutzerbelange in den Finanzämtern genauso im Blick haben wie die Anforderungen des IT-Betriebs«, sagt der Entwicklungsleiter. Wie wichtig Vernetzung, Datentransfer und der Aufbau technischer Schnittstellen dabei sind, zeigen folgende Praxisbeispiele.

Card image cap

Claudia Kunow-Schröder

Steuerungsgruppe-IT

 »Die Registermodernisierung ist ein wichtiger Schritt zur Digitalisierung von Verwaltungsleistungen.«

Card image cap

Lilija Brener

Verfahrensmanagerin GeCo

»Steuerdaten zwischen den Ländern sollen künftig komplett automatisiert ausgetauscht werden. Das spart viel Zeit und Arbeit.«

DATEN ABGEBEN UND ÜBERNEHMEN

Wechselt die Zuständigkeit eines Finanzamtes – etwa durch den Umzug einer steuerpflichtigen Person von Hessen nach Niedersachsen –, müssen sämtliche Daten, wie Grunddaten oder Festsetzungsdaten, übermittelt werden. Dieser Vorgang wird »Abgabe/Übernahme« genannt. Dabei kommt das Verfahren GeCo zum Einsatz, das als zentrale Schnittstelle den verfahrensübergreifenden Datenaustausch sowohl zwischen den KONSENS-Verfahren als auch dem bestehenden Verfahren steuert und sicherstellt, dass alle zusammengehörenden Daten vollständig und konsistent übertragen werden. Im Rahmen der »Abgabe/Übernahme« wird ein Datenpaket gepackt und über ein speziell gesichertes Kommunikationsnetz der Steuerverwaltungen zunächst an das jeweilige Rechenzentrum und von dort an das zuständige Finanzamt des anderen Landes gesendet. Was sich zunächst einfach anhört, ist ein komplexer Prozess, der vom Verfahren GeCo in verschiedenen Stufen erfolgreich gemanagt wird. 

Innerhalb eines Landes funktioniert die Abgabe/Übername automatisiert. Herausfordernder ist der Austausch der Steuerdaten zwischen den Ländern aufgrund unterschiedlicher IT-Systeme, Programmversionen und Organisationsstrukturen. »Unser langfristiges Ziel ist eine komplette Automatisierung der Abgabe/Übernahme«, sagt Lilija Brener, Verfahrensmanagerin GeCo. Zentral seien dabei große Verfahren wie GINSTER, BIENE und ELFE. Sie verwalten unter anderem Stammdaten wie den Namen und die Anschrift (GINSTER), setzen die Steuern fest (ELFE), leiten den Zahlungsverkehr mit den Banken (BIENE) oder erstellen Steuerbescheide (ELFE/GeCo). 

Welche fachlichen und technischen Anforderungen genau erfüllt sein müssen, damit die Anbindung der Verfahren funktioniert, stimmen die KONSENS-Fachgruppen und -Verfahren eng mit den Vertreterinnen und Vertretern aus allen Ländern ab. »Dieser gemeinsame Austausch ist für uns unverzichtbar, damit die Entwicklung der Anwendungen und die Bedürfnisse der Finanzämter eng miteinander verzahnt sind«, so  Lilija Brener. 

Mehrere Meilensteine hat das Team von GeCo bereits erreicht: Seit fast zehn Jahren können bestimmte Steuerdaten in allen Ländern maschinell übertragen werden. Der Arbeitsaufwand für die übernehmenden Finanzämter konnte dadurch um mehr als 50 Prozent gesenkt werden. Ein weiterer Meilenstein wurde 2024 erreicht: Die Abstimmung zwischen den Finanzämtern im Rahmen des Zuständigkeitswechsels wurde digitalisiert, Laufzettel haben ausgedient. »Komplett automatisiert funktioniert die Abgabe/Übernahme, wenn alle KONSENS-Verfahren eine Schnittstelle zu GeCo haben und miteinander vernetzt sind«, sagt Lilija Brener. »Wir stellen deshalb die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung, über die die 19 KONSENS-Verfahren nach und nach angebunden werden.«

DATENDREHSCHEIBE FÜR BEHÖRDEN 

Bei der Registermodernisierung spielen Datenschnittstellen und -transfer ebenfalls eine wichtige Rolle. Gemeinsam mit weiteren Akteurinnen und Akteuren beteiligt sich KONSENS an einem Pilotprojekt, bei dem Datenbanken der öffentlichen Verwaltung in Deutschland und der EU in Zukunft miteinander vernetzt werden sollen. Dabei sollen Informationen, die bereits einmal von einer Behörde erfasst wurden, bei weiteren Anträgen künftig nicht erneut von Unternehmen oder Bürgerinnen und Bürgern bei einer anderen Behörde vorgelegt werden müssen – vorausgesetzt, die Antragstellerin  oder der Antragsteller hat der Datenabfrage beim jeweiligen Verwaltungsvorgang zugestimmt (Once-Only-Prinzip). »Die Daten werden weiterhin bei der Behörde beziehungsweise dem Register gehalten, die die Informationen erstmals erhoben hat. Die Dezentralität kommt einer sparsamen Datennutzung zugute«, erklärt Claudia Kunow-Schröder. Damit die dezentral geführten Register in Deutschland miteinander kommunizieren können, soll es bis 2028 eine zentrale Infrastruktur für den Datenabruf geben: NOOTS (National-Once-OnlyTechnical-System). Vorab müssten jedoch die rechtlichen, finanziellen und organisatorischen Rahmenbedingungen abgesteckt werden. 

INTERNATIONALER DATENTRANSFER

Auch international bringt KONSENS sein Knowhow ein, um den automatisierten Datenaustausch zwischen Deutschland und anderen EU-Ländern zu ermöglichen. Koordiniert wird der Datenaustausch durch das Verfahren InKA, das die zentrale länderseitige Abstimmung übernimmt und dabei eng mit dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) sowie den KONSENS-Verfahren zusammenarbeitet.  Verfahrensmanagerin Tanja Spitzer: »Unser zehnköpfiges Team hat im Blick, welche EU-Gesetzgebungsverfahren oder Projekte der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) angestoßen werden und bringt die Perspektive der deutschen Finanzverwaltung mit ein.« Bereits 2015 stellte Deutschland als erster EU-Mitgliedstaat den anderen EU-Ländern die Steuerdaten im automatischen Informationsaustausch bereit. 

Eines der aktuellen Projekte ist das Plattformen Steuertransparenzgesetz (PStTG). Danach müssen Internetplattformen wie eBay oder Amazon Umsätze und Stammdaten ihrer registrierten Anbieterin oder ihrem Anbieter melden. »Diese internationalen und nationalen Informationen werden künftig an die Finanzbehörden in Deutschland übermittelt. Im Rahmen des RMS-Kontrollmitteilungsverfahrens fließen sie in die Prüfung der Steuererklärung mit ein«, erklärt Tanja Spitzer.  

 

WEGE FÜR DEN DATENAUSTAUSCH BAHNEN

Damit die Datenpakete elektronisch übertragen werden könnten, brauche es geeignete technische Schnittstellen. »Wir tauschen uns intensiv mit Vertreterinnen und Vertretern der Länder, Fachgruppen und Finanzämter aus und definieren Wege, wie der Transfer gelingt – vom passenden Datenformat bis hin zur Datenhaltung«, erklärt die Verfahrensmanagerin weiter. Für einen korrekten Transport müssten viele Parameter berücksichtigt werden. Der Teufel stecke oft im Detail: »In Spanien sind beispielsweise Begriffe wie Bruttoarbeitslohn und Nettoarbeitslohn anders definiert als in Deutschland. Ein einheitliches Verständnis ist deshalb unverzichtbar.« Wichtig für einen reibungslosen automatisierten internationalen Datentransfer sei eine hohe Qualität der Datenhaltung – von der einheitlichen Eingabe der Adressdaten bis zur Schreibweise von Sonderzeichen. 

In der Regel muss der internationale Datenaustausch von langer Hand vorbereitet werden. Im Fall des Plattformgesetzes gab es 2020 einen ersten EU-Rictlinienentwurf, 2022 wurde die Richtlinie in nationales Recht (PStTG) gegossen. »Bereits von Beginn an waren wir auf EU-Ebene im Austausch. Komplexe Vorhaben wie diese müssen frühzeitig richtig aufgegleist werden, damit sie erfolgreich in die Praxis umgesetzt werden können«, so Tanja Spitzer. Der Einsatz hat sich gelohnt: Im Herbst 2025 werden die Daten aus dem Ausland erstmals in die  Länder geliefert.

Dreh- und Angelpunkt für den Transfer der internationalen Informationen ist das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), ein enger Partner von InKA. Hier kommen die Daten aus dem Ausland an und werden an die Länder übermittelt. »Gemeinsam mit verschiedenen KONSENS-Verfahren stellen wir die notwendigen technischen Schnittstellen zur Verfügung.« Im Rahmen des aktuellen Projektes sind dies die Verfahren RMS-KMV und ELFE. 

Das Beispiel zeigt: Es braucht viel Vorbereitung, bis Informationen aus dem Ausland auf den Bildschirmen der Behörden in Deutschland erscheinen. Ziel ist es, den Datenaustausch künftig so zu optimieren, dass die Informationen nicht nur als Kontrollmaterial dienen, sondern auch automatisch ausgewertet werden und in die Steuerbescheide einfließen können. Tanja Spitzer: »Die Datennutzung soll so komfortabel wie möglich für die Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung werden.« 

Card image cap

Tanja Spitzer

Verfahrensmanagerin InKA

»Wir stimmen uns eng mit unseren Partnern im Bundeszentralamt für Steuern ab und treiben den internationalen automatisierten Datenaustausch voran.«

Card image cap

Michael Thomas

Entwicklungsleiter KONSENS

»Ein guter Austausch und Vernetzung zwischen den KONSENS-Verfahren sind elementar.«

AKTUELLE HERAUSFORDERUNGEN 

Viel Vorbereitung benötigt auch die Vereinheitlichung der Software-Architekur bei  KONSENS: Alle IT-Services sollen auf eine moderne Microservice-Architektur umgestellt werden. Das bedeutet: Die Entwicklerinnen und Entwickler »zerlegen« große Anwendungen in unabhängige, modulare und auslieferbare Softwarebausteine. »Microservices bieten mehr Flexibilität sowie schlankere und klar definierte Schnittstellen, die idealerweise weniger Wartung benötigen. Aktualisierungen lassen sich zudem unabhängiger durchführen«, erklärt Entwicklungsleiter Michael Thomas. Jeder Microservice wird dabei in einem sogenannten Container verpackt und kann im Rechenzentrum der Finanzämter auf diese Weise schneller, zuverlässiger und effizienter eingesetzt werden. 

Michael Thomas zufolge gelte es darüber hinaus, funktionale Lücken innerhalb der KONSENS-IT zu schließen: »Wir werden den Finanzämtern die Benutzeroberflächen beispielweise als moderne Webanwendungen zur Verfügung stellen, die ebenfalls Teil von Microservices sind. Damit werden Änderungen und Erweiterungen schneller am Arbeitplatz wirksam, die notwendig sind, um Geschäftsprozesse im Finanzamt zu bearbeiten.« Ziel sei es, ein einheitliches Ergonomie- und Bedienkonzept zu entwickeln, bei dem sämtliche Bearbeitungsschritte komfortabel und medienbruchfrei in einer Anwendung stattfinden. Erste Pilotierungen werden demnächst starten. »Egal, welche Anwendung in der Steuerverwaltung genutzt wird, die moderne Weboberfläche im Finanzamt funktioniert künftig immer nach einem einheitlichen Paradigma – für eine moderne, digitale Steuerverwaltung«, sagt der Entwicklungsleiter. 

AGILES PROJEKTMANAGEMENT

Mit dem Wandel der IT-Architektur wird sich auch die Arbeitsweise bei KONSENS verändern. Gefragt ist agiles Projektmanagement. »Wir brauchen in den kommenden Jahren einen umfassenden Change-Prozess, den wir gestalten und begleiten müssen«, ist Michael Thomas überzeugt. »Der Wandel birgt die Chance, die Vernetzung und den Wissensaustausch innerhalb von KONSENS zu fördern. Wir wollen verfahrens- und länderübergreifend eine offene und kollaborative Kultur fördern – ähnlich wie bei Open-Source-Projekten.« 

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.